Die "Staatliche Bibliothek Passau" beherbergt mehr als eine Viertel-Million Bände, dazu kommen auch Bestände aus niederbayerischen Klosterbibliotheken, Handschriften und Regionalliteratur. Da die Staatliche Bibliothek Passau im Verbund mit der Universitätsbibliothek Passau steht, wird von beiden Bibliotheken ein gemeinsamer Katalog geführt. (Der Bestand der Unibibliothek läßt sich daher auch vom Computer der Staatlichen Bibliothek aus abrufen. Der Leserausweis ist entsprechend für beide Einrichtungen gültig. Zum Stöbern können Sie auch auf den Online-Katalog der Universitätsbibliothek und der Staatlichen Bibliothek Passau zurückgreifen.)
Neben heimat- und namenkundlicher Literatur - für die der Familienforscher ebenfalls Interesse zeigen sollte - sei insbesondere auf die so genannten "Intelligenzblätter" hingewiesen, welche man sich selbstständig aus dem Regal im Lesesaal entnehmen kann (also ohne Ausleihe/Aushebung am Schalter).
Die "königlich bayerischen Intelligenz- oder Amtsblätter" können sowohl für den Heimat- als auch Familienforscher von Interesse sein. (Das Wort "Intelligenz" meint dabei Nachricht[en] bzw. Information[en], man vergleiche dazu englisch intelligence.) Die Blätter liegen in der Bibliothek in gebundener Form vor. Da man in diesen Büchern nicht gezielt nach bestimmten Personennamen - und möglichen Vorfahren - nachschlagen kann, empfiehlt es sich die nötige Zeit, Geduld und Systematik mitzubringen. Zu Letzterem sei gesagt: Notieren Sie sich auf jeden Fall welche Bücher Sie bereits gesichtet haben, um bei einem erneuten Bibliotheksbesuch keine versehentliche Doppelarbeit zu leisten. Ein paar Abbildungen sollen zeigen, was man solchen amtlichen Nachrichtenblättern beispielsweise entnehmen kann.
Das "königliche Landgericht Viechtach" ist auf Erbensuche: Der Austragsmüller Paul Marchl von Trautmansried (heutige Schreibung "Trautmannsried") ist verstorben - jeder der glaubt Ansprüche zu haben, solle sich melden.
Wer immer an die Verlassenschaftsmasse des am 2. Jänner l. Js. zu Weißenstein, k. Landgerichts Re- gen, verstorbenen Paul Marchl, Ausnahmsmüllers von Trautmansried d. G., rechtliche Ansprüche erheben zu können glaubt, wird hiemit aufgefordert, solche binnen 30 Tagen hierorts anzumelden, widrigenfalls bei Auseinandersetzung der Verlassenschaft keine Rück- sicht hierauf genommen würde. Den 11. Februar 1854. Königliches Landgericht Viechtach. Adlmanseder, Landrichter. _________ Anm.: l. Js. = laufenden Jahres |
Wer glaubt das Passwesen sei erst im 20. Jahrhundert in Gebrauch gekommen oder gar erst erfunden worden, der irrt. Bereits früher wurden Auswanderern Pässe und Auswanderungsurkunden ausgehändigt, wie diese 150 Jahre alte Mitteilung bezeugt. Der Auswanderungswille wurde damit öffentlich angezeigt, so dass sich diejenigen noch melden konnten, bei denen die Auswanderungswilligen noch "in der Kreide" standen.
Die Häuslerskinder Franz, Jakob und Walburga Kröbl von Hunderdorf sind gesonnen, nach Nordame- rika auszuwandern; wer daher rechtliche Ansprüche an sie zu haben glaubt, hat dieselben bis zum 15. Fe- bruar l. Js. hierorts anzumelden, widrigenfalls den Gesuchstellern Auswanderungsurkunde und Pässe aus- gehändigt werden. Straubing den 5. Jänner 1854. Königliches Landgericht Straubing. Frhr. v. Pechmann, Landrichter. |
Auch Einträge die aus heutiger Sicht teilweise etwas kurios erscheinen mögen, sind anzutreffen. So etwa diese Mitteilung über einen vor zweieinhalb Jahren liegengelassenen Regenschirm in einer Gastwirtschaft. Mal ehrlich: Wer würde deswegen in der heutigen Zeit noch eine Suchanzeige aufgeben, um den Eigentümer eines vor mehr als zwei Jahren vergessenen Schirmes ausfindig zu machen?
Bekanntmachungen und Verfügungen der königl. und anderen Distrikts- und Lokal-Behörden. Bei dem unterfertigen Oberpostamte liegen un- anbringlich vor: a. ein Packet von Straubing an Sidonea See- fried in Teufstetten, 1 fl. valor; b. ein Regenschirm und ein Stock, von einem Reisenden vor ungefähr 2 1/2 Jahren bei dem Gastwirthe Karlstetter zu Simbach a./I. zu- rückgelassen, - worüber nach Vorschrift ver- fügt werden wird, wenn die Eigenthümer in- nerhalb 3 Monaten a dato ihre Ansprüche nicht geltend machen. Landshut am 15. Januar 1854. Königliches Oberpostamt. Böttinger. |
Hier sehen wir die Ankündigung der Versteigerung des Anwesens von Wolfgang Murr aus Zwiesel. Wir können dieser interessanten Mitteilung nicht nur die zum Anwesen gehörenden Gebäude und Grundstücke und deren Größe entnehmen sondern erfahren auch etwas über den geschätzten Wert (fl., kr., hl. = Gulden, Kreuzer, Heller) desselbigen zur damaligen Zeit. Weiterhin erfahren wir auch etwas über die mit dem Anwesen verbundenen Rechte.
Im Wege der Exekution wird am
Mittwoch den 12. April l. Js. Vormittags 10 - 12 Uhr zu Zwiesel das Anwesen des ehemaligen Binders Wolfgang Murr daselbst der erstmaligen öffentlichen Versteigerung unterstellt, wozu Steigerungslustige mit dem Anhange eingeladen werden, daß sich das Ver- fahren hiebei nach §. 64 des Hyp. Ges.1 vorbehaltlich der Bestimmungen der §§. 98 - 101 der Proz. Nov.2 vom 17. November 1837 richtet, und daß sich dem Gerichte unbekannte Steigerer über ihre Zahlungsfähig- keit genügend auszuweisen haben. Das Anwesen besteht aus dem mit zu ebener Erde zweistöckigen gemauerten und mit Schneidschindeln ein- gedeckten Wohnhaus sammt Stall und Schupfe unter
dann einem Forstrecht mit der nöthigen Streu und der benöthigten Baustämme und einem Gemeinderecht zu einem ganzen Nutzantheil an den noch unvertheilten Gemeindegründen. Das ganze Anwesen ist auf 2550 fl. gewerthet und belastet mit 3306 fl. Hypothekschulden - 59 kr. Haus- und Grundsteuer-Simplum und 25 kr. 3 hl. Bodenzins zum k. Rentamt. Das Wohnhaus ist mit 2400 fl. der brandasse- kuranz einverleibt. Die Kaufsbedingnisse werden am Strichtermine näher bekannt gegeben werden. Regen den 15. Februar 1854. Königliches Landgericht Regen. Stangl, Landrichter. _________ Anmerkungen: 1 Hyp. Ges. = Hypotheken Gesetzes 2 Proz. Nov. = Prozess-Novelle |
Ganz so tugendsam, wie einige vielleicht glauben mögen, waren unsere Vorfahren in der damaligen Zeit auch nicht - wer's nicht glaubt braucht nur einmal die Taufmatrikeln der vergangenen Jahrhunderte durchzublättern. Da konnte es auch schon einmal vorkommen, dass eine ledige Bauerstochter mit ihren zwei unehelichen Kindern, das eine knapp fünf, das andere sechs Jahre alt, nach Nordamerika auswanderte.
Gerade diejenigen Forscher die auf Auswanderersuche sind, können sich bei ihren Recherchen und Arbeiten auch auf die Intelligenzblätter stützen. Es finden sich teils sogar längere Auflistungen ganzer Auswanderergruppen. Die Angaben geben zwar meist nur wenig her (Name und Ort), können aber dennoch wichtige Anhaltspunkte darstellen.
Theres Prinz, ledige Bauerstochter von Peter- hub, Gemeinde Himmern d. G., gedenkt mit ihren zwei unehelichen Kindern: Anna, geboren den 6. Jän- ner 1848 und Theres, geboren den 9. April 1849, nach Nordamerika auszuwandern. Alle diejenigen, welche an sie irgend eine Forder- ung zu machen haben, werden bei Vermeidung der Nichtberücksichtigung aufgefordert, dieselbe binnen 14 Tagen a dato bei dem unterfertigen Amte geltend zu machen. Den 18. Februar 1854. Königliches Landgericht Simbach. v. Voithenberg, Landrichter. |
Zum Abschluß der kurzen Amtsblätter-Vorstellung sei noch eine Mitteilung wegen ihrer - aus heutiger Sicht - ausgefallenen und schönen Formulierung wegen gezeigt. Ich hoffe die ausgesuchten Beispiele haben Ihnen gefallen und konnten vielleicht sogar das Interesse in Ihnen wecken, die Staatliche Bibliothek Passau selbst einmal aufzusuchen.
Das Königliche Landgericht Mitterfels erkennt in der Streitsache der Anna Kamerl, Inwoh- nerin zu Dörrau, gegen Bonifaz Schließbaum, Sai- lergesellen von Schafberg, wegen Vaterschaft und Kinds-Alimentation auf erstatteten Vortrag und nach collegialer Berathung zu Recht: 1) die Klage der Anna Kamerl v. 19. April d. Js. sey für abgeläugnet zu halten, Bonifaz Schließ- baum werde seiner Einreden für verlurstig erklärt und Klägerin zum Beweise zugelassen; demgemäß habe 2) Anna Kammerl den binnen 30 Tagen präklusi- ver Frist anzutretenden Beweis darüber zu liefern a) daß sie am 30. Sept. 1848 ein Kind Na- mens "Theres" außerehelich geboren, und b) daß ihr Bonifaz Schließbaum innerhalb der gesetzlichen Schwängerungs-Periode fleischlich beigewohnt habe, 3) habe dieselbe binnen gleicher Frist die Vermögens- Verhältnisse des Bonifaz Schließbaum zu be- scheinigen. Susp. int. expens. Den 21. Februar 1854. Königliches Landgericht Mitterfels. Jäger, Landrichter. |
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