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"Weissenstain" wie es von Philipp Apian um ca. 1560 dargestellt wurde. (Quelle: Stammtisch-Archiv) |
Burg und heutige Ortschaft verdanken ihren Namen dem "weißen Stein" der hier aus der Erde ragt: der so genannte Pfahl, ein aus hellem Quarz bestehender, ca. 150 km langer Felsenzug der sich fast schnurgerade von der Oberpfalz bis nach Oberösterreich zieht. Mit ca. 760 m über dem Meeresspiegel erreicht der hier an die Oberfläche tretende Pfahl in Weißenstein seinen höchsten Punkt.
Nicht nur dies sondern vor allem auch die besondere grenznahe strategische sowie herrschafts-, wirtschafts- und handelspolitische Lage auf halbem Wege des alten Saumpfades von der Donau nach Böhmen machten dies zu einer idealen Stelle für die Errichtung einer Burganlage. Etwa Anfang des 12. Jahrhunderts wurde die "Burg auf dem weißen Stein" von den Grafen von Bogen als Ministerialensitz errichtet. Damit fällt sie etwa in die gleiche Entstehungszeit wie der Turm in Regen, der später zum Kirchturm wurde.
Als die Bogener mit Albert IV. 1242 ausstarben, ging die Burg Weißenstein in den Besitz des wittelsbachischen Stiefbruders und bayerischen Herzogs Otto II. über. 1308 wurde die Burg an das Degenberger Rittergeschlecht verliehen, um 1340 ging Weißenstein in deren Eigentum über. Auch für sie befand sich die Burg in idealer Lage, stand sie doch im Zentrum der degenbergischen Besitzungen.
Ritter Hans von Degenberg, Vizedom zu Landshut, wurde im Jahre 1465 durch Kaiser Friedrich III. in den Reichsfreiherrnstand erhoben. Gleichzeitig erhielt er durch Herzog Sigmund von Bayern die Herrschaft "im Winkel" (Neukirchen, Furth und Eschlkam).
Um diese Zeit nahte das erste schwere Verhängnis der Felsenburg Weißenstein. Als nämlich Herzog Christoph von Bayern 1467 nach dem Rücktritt des Herzogs Sigmund Ansprüche auf die Mitregierung mit Herzog Albrecht IV. erhob und der Degenberger Johann IV. die Reichsunmittelbarkeit anstrebte, forderte Herzog Albrecht wiederum die Dörfer Langdorf, Schöneck, Kolnberg und Schwarzach von den degenbergischen Brüdern Johann und Peter zurück. Die Ritterschaft des Bayerischen Waldes fühlte sich gekränkt und einige unterstützten offen die Forderungen des Herzogs Christoph. So entstand der sogenannte "Böcklerbund" - ein Trutzbund - der sich öffentlich gegen den Herzog Albrecht stellte. An seiner Spitze stand Gewolf von Degenberg. Es kam zum Kampf - dem Böcklerkrieg in dessen Verlauf alle Burgen der Degenberger von der Ritterschaft Herzog Albrechts belagert und zerstört wurden. Vor allem war es das hochgelegene Degenberg, das der herzogliche Rat Georg von Lerchenfeld nahm und dem Erdboden gleichmachte. Das Schloß durfte nicht mehr aufgebaut werden. Es war den Degenbergern jedoch gestattet, im Tale, wo das Jägerhaus stand, ein neues, bescheidenes Schloß zu errichten. Auch die Herrschaft im Winkel wurde den Degenbergern wieder entrissen.
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Eisen-Armbrustbolzenspitzen aus der Zeit des 15./16. Jahrhunderts, die im Umfeld der Burg ausgegraben wurden. Die Armbrust wurde zur Verteidigung eingesetzt, mit ihr ließen sich Bolzen bis zu 400 m weit verschießen. (Foto: Christian Benz) |
Am St.-Barbara-Tag des Jahres 1468 zogen die Herzoglichen vor die Burg Weißenstein. Die Donnerbüchsen krachten und rissen breite Breschen in die Ringmauer. Die Besatzung mußte sich ergeben. Verheerung und Abbruch der Feste waren die schweren Folgen der Auflehnung gegen die herzogliche Gewalt.
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Das gleiche Schicksal traf am nämlichen Tage auch noch das Schloß Saldenburg, das Hans Gewolf von Degenberg durch seine Heirat mit der Witwe des Grafen Ortenburg, Elisabeth, geborene Gräfin von Töring, erworben hatte. Außderdem wurde den Degenbergern das gesamte Zwieseler und Frauenauer Gebiet abgenommen und am Freitag vor St. Peters Kettenfeier dem Kloster Niederalteich unterstellt. Doch Weißenstein blieb der Lieblingssitz derer von Degenberg, die Burg erstand bald wieder aus der Asche und wurde im 16. Jahrhundert zu einer ausgedehnten Burganlage ausgebaut.
Sie gingen nun daran, ihre ihnen 1472 entzogenen Güter wieder in Besitz zu bekommen, rissen Kirche und Ort Frauenau an sich, zwangen die dortigen Mönche zur Flucht und eigneten sich auch Zwiesel wieder gewaltsam an.
Nachdem am 10. Juni 1602 Hans Sigmund von Degenberg als der letzte seines Stammes die Augen für immer geschlossen und zu Schwarzach seine Grabstätte gefunden hatte, kam Weißenstein in den Besitz des Herzogs Maximilian von Bayern und wurde zusammen mit Zwiesel fortan als Reichslehen durch Pfleger verwaltet.
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Fragment einer Granit-Geschützkugel (15 cm Durchmesser) aus der Zeit des 15. bis 17. Jahrhunderts. Derartige Kugeln aus Granit, aber auch Eisen, wurden mit schweren Kanonengeschützen oder Wurfmaschinen verschossen. (Foto: Christian Benz) |
Der Dreißigjährige Krieg zog auch Weißenstein in Mitleidenschaft. Im Jahre 1641 lagerten nach dem Einfall des Feindes wallonische Dragoner im Schloß. Sie schlugen die Fenster ein, rissen die Fensterstöcke heraus, zerstörten den Ofen in der Rentstube und verursachten viele andere Bauschäden. Pfleger und Kastner Ludwig Laininger ließ alles wieder reparieren, "damit man im Schlosse wohnen könne". Dass zu dieser Zeit die Burg auch bewohnbar war, bezeugt der 44. Abt des Klosters Oberalteich, Vitus Haser, der vor den Schweden dahin geflüchtet war und die romantische Lage der Burg, ihre alte Bauart und die Denkmale der Vorzeit rühmend beschrieben hat.
Im Jahre 1740 war durch einen heftigen Sturm ein Teil des Schloßgemäuers eingestürzt und die vermoderte Bedachung auseinandergehoben und teilweise herabgeworfen worden. Der Rentmeister hatte zwar die Wiederherstellung angeordnet, doch es scheint dazu nicht mehr gekommen zu sein, denn neue Kriegsstürme durchtobten im Österreichischen Erbfolgekrieg die Waldgegenden.
Bereits 1742 beherbergte Weißenstein den letzten schrecklichen Gast, den berüchtigten Pandurenoberst Trenck. Diese Geißel des Bayerwaldes setzte sich mit ihren wilden Horden auf der schon ruinenhaften Burg fest, um sich der großen Magazine der Franzosen in Schloß Au zu bemächtigen, was trotz der feindlichen Übermacht auch gelang. Schloß Au ging mit allen Vorräten am 16. August 1742 in Flammen auf und am 17. September des gleichen Jahres berichtete der Pfleger von Weißenstein an das Rentamt in Straubing, dass Oberst Trenck das Schloß Weißenstein und die Amtmannswohnung nebst Stadel und Stallung, dazu noch neun Behausungen der Untertanen, völlig eingeäschert habe, so dass sich weder Mensch noch Vieh daselbst aufhalten könne. Damals verstummte auch das "Glöckel" auf der Schloßkapelle, das Jahrhunderte hindurch fromme Beter zum englischen Gruße rief, für immer. Es war, wie der Pfleger in einer Rechnung von 1752 bemerkte, beim Brand des Schlosses "zerschmolzen worden".
So war gegen Ende des 18. Jahrhunderts aus der Burg schließlich eine Ruine geworden. Vor weiterem Zerfall wurde die Burgruine durch zwischen 1991 bis 1995 ausgeführte Renovierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen bewahrt.
Quellen: "Die Burg Weißenstein im bayerischen Walde" (1870), "Historischer Atlas von Bayern" (1975), "Der Landkreis Regen" (1982), u. a. |